Aus irgendeinem mir unbekannten Grund lag ich in meinem Briefkasten ein Umschlag mit einer Eintrittskarte für die GALA-Nacht der Boote, einer festlichen Auftaktveranstaltung zur ‘Boot und Fun Berlin 2011, einer Bootsmesse, wie der Name vermuten ließ. Das war sehr nett, doch mit einer Karte konnte ich wenig anfangen; selbstverständlich wollte meine Partnerin mit. Der Absender hatte einen Zettel beigelegt, auf dem u.a. stand: “Bei Bedarf weiterer Eintrittskarten kontaktieren Sie uns bitte wenn Sie am Messeeingang sind.” Die passende Handynummer fehlte. Da würde wohl jemand stehen, nahmen wir an.
Auf dem beigelegten Flyer stand der Hinweis: Dresscode – smart business. Wir dachten an die Leute im Blaumann auf den Höfen der Bootshäuser und an die gemütlichen älteren Ehepaare bei Kaffee und Kuchen in ihren Plichten. Wie wir sie kannten, waren sie sehr leger gekleidet. Smart-business schien etwas übertrieben, aber wir hielten uns daran und fuhren im guten Zwirn hin.
Trotz des ekeligen Schmuddelwetters strömten viele Besucher auf das Messegelände. Im Eingangsbereich suchten wir nach einem Vertreter unseres Gastgebers. An der Kasse wußte niemand Bescheid. Dort kaufte erstaunlicherweise niemand eine Eintrittskarte; die beiden Damen wirkten sehr entspannt im Kassenhäuschen. Alle Besucher schienen bereits wohlversorgt zu sein. Wir sprachen einen Herrn an, der zum Freundeskreis Klassische Yachten gehörte und erfuhren, dass ein anderer Mann vor wenigen Minuten ebenfalls unseren Gastgeber mit dem Wunsch nach einer zweiten Eintrittskarte für seine Partnerin gesucht hatte. Danach verkaufte er uns für einen (!) Euro eine Eintrittskarte aus einem Karton, im dem noch ein dicker Stapel lag.
Innen marschierte ein lauter Spielmannszug mit viel Schlagzeuglärm durch die Hallen. Er hatte stets freie Bahn; die erschrockenen Besucher wichen freiwillig aus. Eine Cheerleadergruppe zeigte waghalsige Kunststücke. Gunter Gabriel und andere ältere Herren mit zerknautschen Gesichtern rockten am Stand des Magazins Boote. Angesichts der wunderschönen teuren Fahrzeuge und allerlei weiteren interessanten Dinge war sein Titel, “Hey Boss, ich brauch mehr Geld”, absolut passend.
In der Partyzone vom Wirtschaftsverband Wassersport e.V. und Partnern wurden Chili con Carne und Pizzastücke nebst allerlei Getränken gereicht. Wer wollte, konnte sich hier die Kante geben. In diesem VIP Bereich, den jeder betreten konnte, war die Stimmung ausgelassen.
In den Hallen standen viele Boote. Viele Holländer waren vertreten und verteilten ihre niederländischen Verkaufsmagazine. Wir versuchten mit zwei Verkäufern ins Gespräch zu kommen, denen die Tatsache, dass ich sie in ihrer Sprache angesprochen hatte und dann zum Deutsch überwechselte, die Sprache verschlug. Sie beäugten uns mißtrauisch und blieben wortkarg.
Viele private Eigner, die ihre Boote loswerden wollten, hatten sie in einer Halle ausgestellt, saßen auf ihnen und warteten auf interessierte Kunden. Bei der schummerigen GALA-Beleuchtung wirkte das beinahe wie ein Rotlichtbezirk, wo die Damen hinter ihren Fenstern werbend auf die Freier blicken.
Hausboote, Schlauchboote, Motoren und anderes wurde angeboten. Erhard Jübermann war mit einem kleine Stand vertreten und bot seine exzellenten Gewässerkarten auf wasserfestem Material an. In der letzten Halle waren schöne alte Yachten aufgestellt. Zum Anblick der klassischen Boote erklang laute Musik. An mehreren Standorten standen Karren mit salzigem Gebäck, das kostenlos verteilt wurde.
Sehr sehenswert waren die Fotografien von Franco Pace. Der 69-jährige Yacht-Fotograf war persönlich an seinem Stand anwesend. Die von ihm ausgestellten Bilder waren unglaublich gut. Schon die Vorstellung, dass der aus Italien stammende Fotograf an all den Orten war, die auf seinen Bildern zu sehen waren, konnte Neid erwecken.