Müritz leergefegt

Auf den Spanier aus Galicien war Verlass. Anfang November genügte ein Anruf des Skippers, um einen Segeltörn auf der Müritz zu verabreden. Für andere war bereits der Winter angebrochen. Sie hatten abgewunken, obwohl die Sonne schien, milde Temperaturen vorherrschten und ein mäßiger Wind wehte. Beste Bedingungen für angenehme Stunden auf dem Wasser, auch wenn die Abenddämmerung bereits am späten Nachmittag einsetzte.

Ein kleines Spannungselement fuhr mit. Das Auto hatte mehrmals aus unklarer Ursache gestreikt und der Skipper hoffte, dass es die Fahrten von Berlin nach Waren und zurück ohne Ausfall zurücklegte. Der Spanier wusste nichts davon und stieg gelassen ein.

Jollenkreuzer mit gelegtem Mast
Jollenkreuzer mit gelegtem Mast

Sie fuhren nach Waren, parkten und gingen durch ein kleines Wäldchen zu den Stegen bei den Bootshäusern. In einem dümpelte der hölzerne Jollenkreuzer Calmar. Er wurde aus seiner Box manövriert und sein Mast aufgerichtet. Proviant war an Bord. Sie liefen aus, durchquerten die Binnenmüritz und erreichten die Müritz, einen knapp 18 km langen See in Mecklenburg-Vorpommern, dessen ursprünglich slawischer Name ‘kleines Meer’ bedeutete.

Leichte Schräglage ...
Leichte Schräglage …

Im Sommer ist hier allerhand los. Diverse Charterunternehmen vermieten große und kleine Sportboote an mehr oder weniger erfahrene Freizeitkapitäne, die mitunter bei den erstaunlichsten Manövern zu beobachten sind. Eine Kette aus vielen Seen verbunden durch Kanäle und Flüsse in einer reizvollen Landschaft macht Mecklenburg-Vorpommern zum schönsten Binnenrevier Deutschlands und der sommerliche Wassertourismus gehört zu den Säulen der regionalen Wirtschaft. Die Gewässer werden von Anglern, Wasserwanderern in Kanus, Kajaks, Faltbooten, Motor-und Segelbooten genutzt. Zudem sind Ausflugsdampfer unterwegs.

Alleine auf der Mürtitz. Skipper an der Pinne
Fast alleine auf der Müritz. Skipper an der Pinne

An diesem frühen Novembertag war die Müritz wie leergefegt. Die Besatzung des Calmars hatte den See für sich, sah man von einigen Anglern ab, die vor den Schilfgürteln ankerten. Der stetige Wind trieb das Boot gut voran. Saß der Skipper an der Pinne, wurde lehrbuchartig gekreuzt, während der Spanier es locker angehen ließ und den Calmar ohne klares Ziel steuerte. Wo sollte man auch hin? Das Ziel nach einigen Stunden Fahrt war letztlich der Ausgangspunkt; soviel stand fest. So kreuzte der eine nach Landmarkierungen und der andere nach Gefühl. Der alte Jollenkreuzer, im besten Pflegezustand aus Holz mit zeitlosem Schnitt, war in seinem Element. Das Anlaufen eines fremden Hafens lohnte nicht mehr. Die Gastronomie am Wasser war geschlossen und die wenigen Tageslichtstunden in dieser Jahreszeit ohnehin zu kostbar, um sie an einem Restauranttisch zu vertrödeln.

Fotos: Norbert Mielke

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