Oxly - Boote

Test einer Automatikweste

11. 8. 2014 © Thomas Gade


Mit automatischer Rettungsweste im Wasser. Self inflatable life jacket.

Der Handel für Bootszubehör möchte, dass die Kunden ihre Automatikwesten alle zwei Jahre zur Inspektion geben. Der Spaß ist teuer und bringt Geld in die Kasse. Auf vielen Booten sind solche Rettungswesten vorhanden und werden nie getragen. Sie liegen oder hängen jahrelang trocken in Stauräumen und sind keinen mechanischen Belastungen ausgesetzt. Das Material ist robust. Sind die zweijährigen Inspektionen nötig?

Auf den Gewässern in Berlin sind sie selbst auf den Booten der Feuerwehr, Wasserschutzpolizei oder den Rettungsbooten des DLRG und des ASB kaum zu sehen. Die Besatzungen der Boote des Technischen Hilfswerks und der Wasserwacht des DRK tragen welche.

Auf privaten Motorbooten sind sie eine seltene Ausnahme, doch einige Segler tragen eine. Kurzum, die meisten Rettungswesten werden so selten getragen, dass keine Abnutzung des robusten Gewebes zustande kommt.

Was kann ausfallen? Automatikwesten haben eine Gaspatrone und einen Mechanismus, der sie nach dem ins Wasser Fallen öffnet. Er wird durch eine wasserlösliche Tablette blockiert. Theoretisch zersetzen sich diese Tabletten durch die Umgebungsfeuchtigkeit. Sollte das passieren, wird die Rettungsweste aufgeblasen. Dann sind die Gaspatrone und die Tablette auszutauschen. Über mehrere Jahre habe ich das weder auf meinem Boot erlebt noch von diversen Bootsfreunden in Berlin, Brandenburg und in Mecklenburg-Vorpommern gehört.

Ein Argument für das regelmäßige Prüfen der Rettungswesten lautet, dass das Material spröde wird. Mag sein, doch beim visuellen und taktilen Vergleich von neuen und über 10 Jahre alten Rettungswesten konnten wir keinen Unterschied feststellen.

Wir machten einen Test mit einer Secumar Rettungsweste aus dem Jahr 2003. Im Jahre 2005 wurde sie gewartet, doch danach nicht mehr. Der Vorbesitzer hatte eine Handvoll Patronen und Tabletten gekauft. Warum eigentlich? Die Teile sind teuer. Eine 32g Patrone mit zwei Tabletten von Secumar kosten stolze 25 €. In den Blisterpackungen sind sie luftdicht verpackt. Können sie durch die Lagerung in Räumen mit hoher Luftfeuchtigkeit unbrauchbar werden?

Der Bauchgurt der Rettungsweste ist stramm anzulegen, damit sie im Wasser nicht nach oben rutscht. Am sichersten sind Rettungswesten mit einem Gurt, der zwischen den Beinen hindurch von der Brust zum Rücken angelegt wird.

Praktischer Test im Tegeler See (Berlin)

Nach dem Plumps ins Wasser dauerte es keine drei Sekunden bis sich die Weste aufblies. Das grelle Gelb des Luftkörpers war gut zu sehen. Es wurde einige Minuten mit der aufgeblasenen Weste geschwommen, was am besten in Rückenlage ging.



Dann lag sie eine Stunde in der prallen Sonne an Deck und blieb anschließend zwei Tage im aufgeblasenen Zustand an Bord. Nach 24 Stunden war sie längst nicht mehr stramm aufgeblasen, aber größtenteils gefüllt. Am zweiten Tag war viel Luft entwichen. Im Ernstfall ist das absolut ausreichend, zumal die Rettungsweste durch ein Röhrchen aufgeblasen werden kann.

Kommentar:

Secumar, 20. August 2014
Vielen herzlichen Dank für das tolle Video. Wir können es nur begrüßen, wenn jemand einmal seine Rettungsweste ausprobiert, um zu erfahren, was ihn im Notfall erwartet und wie eine solche Rettungsweste eigentlich funktioniert (Wie schnell löst meine Rettungsweste im Wasser aus? Wie bediene ich den Mundschlauch? Wo befindet sich der Bergegurt? Wozu dient der Schrittgurt? usw.). Bitte erlauben Sie uns ein paar Bemerkungen. Auch wenn die Rettungswesten nicht oder kaum getragen werden, besteht die Möglichkeit, dass diese nicht funktionieren.

1. Die Materialien unterliegen einer natürlichen Alterung.
So können zum Beispiel im Laufe der Jahre Gummidichtungen porös werden und somit nicht mehr dichten, das Schwimmkörpergewebe könnte nicht mehr zuverlässig abdichten und auch z.B. das Federsystem in der Automatik könnte in der Funktion eingeschränkt sein.

2. Die SECUMAR Auslösetabletten bestehen nicht aus Salz, sondern aus 100-prozentiger Zellulose. Die SECUMAR Auslösetabletten werden extra in den Blisterpackungen nicht luftdicht verpackt, um einen Luftaustausch zu ermöglichen. Die Auslösetabletten sollen sozusagen „atmen“ können. Übrigens beinhaltet eine Reservepackung zwei Auslösetabletten, um einen rechtzeitigen Austausch der Tablette (nach einem starken Regen oder nach einem langen Törn) zu ermöglichen, damit eine ungewollte frühzeitige Auslösung vermieden wird. Viele Faktoren beeinflussen die Lebensdauer sowie die Funktionalität einer Rettungsweste. Rettungswesten müssen im Ernstfall immer funktionieren. Aus diesem Grund und zur Risikominimierung empfiehlt der Fachverband Seenotrettungsmittel (FSR) eine regelmäßige zweijährige Wartung von Rettungswesten und begrenzt die Lebensdauer auf zehn Jahre, die unter Umständen verlängert werden kann. Wir wünschen Ihnen weiterhin eine schöne Saison auf dem Wasser. Das SECUMAR-Team

Informationen bzgl. der Wartung von Rettungswesten:
http://www.secumar.com/secumar/php/main.php?mnid=46&l=d&s=news&id=390

FSR-Merkblatt über die Wartung und Lebensdauer von Rettungswesten:
http://www.secumar.com/secumar/d/download/FSR_Merkblatt_Wartung_Rettungswesten_2010.pdf



Neuer Test, zehn Jahre später

23. 9. 2024 © Th0mas Gade

10 Jahr verstrichen seit dem ersten Test. Die Secumar Rettungswesten sahen noch genauso aus wie damals. Zwischenzeitlich hatte ich zwei andere Rettungswesten zusätzlich an Bord, die sich aber beide irgendwann im Bordschrank aufbliesen. Meine beiden Rettungswesten von Secumar erwiesen sich als nachhaltiger. Funktionerten sie noch? Mit einer sollte es ausprobiert werden. Schwimmlehrerin und Bootseignerin Rebecca erkärte sich zum Sturz über die Bordkante bereit.


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Sprung über Bord mit angelegter Rettungsweste.


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Unter Wasser bläst sich die Rettungsweste selbst auf und bringt die Dame erfolgreich an die Wasseroberfläche. Eines fiel ihr auf: Der gelbe aufblasbare Körper hat eine relativ scharfe Kante, die ungenehm in den Hals drückt. Trägt man eine Jacke mit hochgeschlagenem Kragen, bekommt man davon nichts mit, aber wenn die Kante direkt auf die Haut einwirkt, ist das unangenehm.


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Die Schwimmlehrerin Rebecca Kastner treibt nach erfolgreichem Versuch mit der Rettungsweste im Tegeler See.


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Secumar Rettungsweste. Automatikweste. Schwimmweste


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Secumar Rettungsweste. Automatikweste. Schwimmweste aufgeklappt.


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Blister Pack mit neuer CO2 Patrone und je zwei grünen Stiften und wasserlöslichen Tabletten.


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Halter für die Tablette und die CO2 Patrone mit Technik zum Öffnen des Gasbehälters.


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Wasserlösliche Tablette im Schacht zur Sicherung des Aufblasmechanismus.


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Der Umschalter an der roten Kordel wird durch einen grünen Plastikstift im roten Ring in Position gehalten. Durch einen Ruck an der Kordel wird der Stift durchgebrochen.


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Der grüne Stift ist wieder eingesetzt. Die grüne Fläche bei B symbolisiert eine intakte Tablette und einen betriebsbereiten Mechanismus.


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CO2 Patronen. Links voll, rechts leer.


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Wieder einsatzbereit mit neuer Tablette und CO2 Patrone


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Technische Angaben. Durch Zug an der roten Kordel wird die CO2 Patrone angestochen, um die Rettungsweste aufzublasen.


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Rotes Röhrchen zum Aufblasen der Rettungsweste


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Zusammengelegt nach dem Test und der Wartung.