Dramatischer Feuerlöschereinsatz an Bord

In den Schwaden der Feuerlöscher. Das weisse Pulver vernebelt die Sicht. Auf dem Wasser bildet sich eine stumpfmatte Schicht. Ein paar Männer gehen entschlossen ans Werk. Sicherungshebel abziehen, scharfmachen und los.

Feuerlöscher im Einsatz
Feuerlöscher im Einsatz

Der Grund ihres dramatischen Einsatzes ist der sogenannte Herrentag. Zu den Klängen von Smokie, deren ‘Alice’ bei solchen Gelegenheiten nicht wegzudenken ist, wird der nächste Feuerlöscher klargemacht. „Noch einer?“, kommentiert jemand. Als Antwort kippt er einen Schnaps. Das Fläschchen fliegt über die Schulter ins Wasser. „Party!“, grölt der andere und drückt ab. Die Männer auf dem Boot am benachbarten Steg meinen es ernst. Ihre Musik beschallt den Pohlesee. Die Bässe wummern. An ein gemütliches Rumwerkeln auf dem eigenen Boot oder eine Lesestunde in der Plicht ist nicht zu denken. Bloß schnell weg aus dem Hafen.

Alarm auf dem Boot
Alarm auf dem Boot

An einer abgelegen wirkenden Stelle im Griebnitzsee lasse ich den Anker runter und belege dessen Leine. Ein Reiher beobachtet den Vorgang. Am Himmel kreist ein Raubvogel. Mit kurzen Rufen begrüßt er einen zweiten. Sie kreisen umeinander.

Am Ufer taucht eine Gruppe junger Männer auf. Mit reichlich Bier, Grill, Oberkörper frei, angetrunken bis total besoffen und extrem laut. Sie etablieren sich.

“Ey, Messer. Wo ist der Pfeffer, wo ist das Messer?”
„Hallo? Bin ich dein Küchenchef?“ lautet der einzige Satz, der nicht mit „Ey“ beginnt.

Ey, wo ist der Pfeffer?
Herrentag. "Ey, wo ist der Pfeffer?"

Es ist Herrentag, einer der deftigsten Tage des Jahres. Man kann ihm nicht entkommen. Der Proll im Mann tritt ungeniert zutage. Es herrscht Narrenfreiheit und Saufzwang. Vor Jahren habe ich es aufgegeben, an diesem Tag ein ruhiges Plätzchen mit hübschen Blick in einem kleinen Ort auf dem Land anzumieten. Garantiert grillt jemand auf dem Nachbargrundstück eine Pute oder schleppt Räucherfisch an. Und dann wird gesoffen. Diese spezielle Musikmischung vom Weihnachts- bis zum Schnulzenschlager,Techno und Oldies läuft volle Pulle. Sind die Leute taub? Geh mal hin und bitte um Ruhe! Aussichtslos. Flucht oder mitmachen heißt die Devise.

Deswegen bin ich mit dem Boot unterwegs, aber es reicht nicht. Vom anderen Ufer ergänzt heftiges Hundegekläff den Geräuschmix. Das laute Bellen und Jaulen hört nicht auf. Der Hund verausgabt sich total. Was haben sie dem gegeben? Dazu brüllt jemand ermunternd. Fast geräuschlos zieht ein Binnenschiff vorbei.

Die Herren hinter mir werden lauter. Ihre Stimmen sind mittlerweile heiser aber irgendwie immer volltönender. Die nicht zu überhörende Unterhaltung ist vom Feinsten:

“Ey Alter, du Arsch … “, höre ich.
“Ey Max, was ist los.?”, kommentiert jemand.
“Ey, hier ist nur Modder.”, verkündet ein anderer, der gerade ein Stück ins Wasser gelaufen ist. “Ey, hier ist nur Modder, immer noch!” Kurz darauf: “Immer noch.”

Am Ufer nimmt jemand einen Handyanruf an. “Benny. Ey, Benny, deine Freundin ist schwanger von dir.” Das unterbricht die Statusmeldungen vom Modder.

“Ey, halt dein Maul, du Stück Scheisse.”, klingt es zurück.
„Ey, geiler Tag.“, ruft einer.
Wie man’s nimmt, denke ich.

Gelegentlich fahren kleine Motorboote mit Außenbordern vorbei. Einige Besatzungen sind in einem Zustand jenseits von Gut und Böse. Sie geben Gas und ihre Quirle machen ordentlich Wellen. Die bekommt nicht mal ein großer Ausflugsdamper so hin. Mein Boot gerät immer wieder heftig ins Schaukeln.  Manche Boote sind dem Anlass des Tages entsprechend hergerichtet worden.

Flaggenschmuck am Herrentag
Flaggenschmuck am Herrentag

Eher behäbig tuckert ein mit vielen bunten Wimpeln geschmückter Verdränger vorbei. Die Herrschaften sind gemütlich entspannt  und genießen ihre langsame Fahrt.  So geht es auch.

Auf dem Griebnitzkanal gibt es zwischen dem Griebnitzsee und dem Stölpchensee ein Kanalstück, das nur im Einbahnverkehr befahren werden darf.  Das wird per Uhrzeit geregelt. Bei voller Stunde darf in die eine Richtung und zu jeder halben Stunde mit jeweils 20 Minuten Einfahrtzeit die andere Richtung befahren werden. Heute gibt es auch unzulässigen Gegenverkehr. Weist man auf die Uhr, blicken die  Herren auf dem Geisterfahrer provozierend zurück.

Bier, Mann und kleiner Ponton treiben im Fahrwasser
Mann mit Bier auf kleinem Ponton

Nach den Stunden vor Anker kehre ich zum Liegeplatz zurück. Das Partyboot ist noch voll in Aktion. Ein nackter Mann auf dem schmalen Steg hält einen Vortrag über seine Kindheit mit FKK. Er war im Wasser. Irgendwie gelingt ihm der Wechsel seiner Hosen. Es besteigt erneut die Plicht des Bootes und sitzt wieder am Trinktisch. Die Musikanlage gibt ihr Bestes.  Die alkoholisierten Stimmen übertönen sie.
“Es ist ein schöner Tag. Nur mit euch konnte der so werden.”, höre ich.

2 Gedanken zu „Dramatischer Feuerlöschereinsatz an Bord

  1. Jedem Tierchen sein Pläsirchen. Sollen die Leute auch mal die Sau rauslassen, der Bedarf ist vorhanden. Der Bierindustrie gefällts und wenn die musikalische Beschallung eine Ausnahme ist, dann lasst sie auch mal feiern.

  2. Jedem Tierchen sein Pläsirchen setzt voraus, dass andere ebenfalls tun können, was sie möchten. Wenn die Gruppe ungefragt ihre Umgebung mit Musik beschallt und andere genervt sind, ist das nicht lustig. Die wollen sich an dem freien Tag erholen, können es aber nicht. Meines Erachtens hätte der Hafenmeister eingreifen müssen. Die Aktion mit den Feuerlöschern war nicht akzeptabel wegen der Umwelt und weil das Pulver Prozesse der Korrosion in Gang setzt. Bestimmt ist es auf die Planen der umliegenden Boote gekommen. Das ist dann kein Spass mehr sondern eine handfeste Ordnungswidrigkeit mit Sachbeschädigung.

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