Oxly Boote

Albin Köbis, ehemalige Staatsyacht der DDR

Liegeplatz: Kleiner Wannsee

Thomas Gade / Oktober 2011

Berlin. Kleiner Wannsee. Kurz vor dem Übergang in den Pohlesee fällt eine große, edel aussehende Motoryacht auf: 'Albin Köbis'. In silberglänzenden Lettern stehen ihre Maße an der Seite ihres Steuerstandes: Länge 21,18 Meter, Breite 4,22 Meter. Der Liegeplatz wurde für dieses Schiff maßgeschneidert.


'Albin Köbis'. Der Name weckt Erinnerungen an eine Sendung, die wir kürzlich sahen: "Kesslers Expedition".

Zufällig erfuhren wir etwas über die aufwendige Sanierung des Bootes. Im Fernsehen lief eine Folge von Kesslers Expedition. Im Auftrag des RBB fuhr Michael Kessler mit dem Floß auf der Havel, paddelte im Kanu durch Brandenburg und wanderte mit dem Esel Elias an die Ostsee. Unterwegs plauderte er mit Leuten, denen er begegnete. So begegnete er zwei Handwerkern einer Werft bei einem Schiff , das sie restaurierten. Sie erzählten Kessler einiges über die Geschichte der Yacht. Sie wurde im Auftrag von Wilhelm Pieck als DDR-Staatsyacht in der Werft 'VEB Yachtwerft' in Köpenick gebaut und lief 1952 vom Stapel. Das Inventar und die Aufbauten bestanden aus kostbaren Tropenhölzern. Einmal rammte das Schiff eine Brücke. Angeblich soll Fidel Castro bei dieser Fahrt an Bord gewesen sein. Nach dem Ende der DDR wurde die Yacht zunächst von der Berliner Wasserschutzpolizei übernommen, geriet später unter dem Namen 'La Belle' in Privatbesitz, ging unter, wurde geflickt und zum Hausboot umfunktioniert. 2009 soll sie der heutigen Eigner erworben haben und ließ sie in der Werft Malz in Oranienburg restaurieren.



Dank der Sendung konnten wir das Schiff identifizieren. Die ehemalige Staatsyacht der DDR lag im kleinen Wannsee neben einem Bootshaus mit einer darüber liegender Wohnung. Auf dem Grundstück stand ein Gebäude, das sehr an eine mallorquinische Finca erinnerte. Das Ensemble war ein Mix aus diversen Stilen und Vorlieben. Eines war allen Bestandteilen gemein. Sie befanden sich im besten Zustand. Die Motoryacht 'Albin Köbis' sah aus wie neu. Ihre lackierten Hölzer und Metallteile glänzten. Alles war sauber. Nirgendwo war ein verschlissenes Teil zu sehen.

Der schmale Korridor zwischen den Pfahlreihen, an denen die 'Albin Köbis' festgemacht wurde, machte den Eindruck einer Herausforderung. Die makellose Motoryacht musste beim Hinein- und Hinausfahren genau auf Kurs gehalten werden, um Berührungen zu vermeiden.



Wer war der Namenspatron? Während des ersten Weltkriegs wurde der deutsche Matrose Albin Köbis wegen seiner Beteiligung an einer Meuterei hingerichtet. Es ging um die schlechte Verpflegung an Bord der Kriegsschiffe und um Aktionen zur Beendigung des Krieges. Nach ihm wurden Schulen, Straßen und Boote benannt. Wer kannte noch diesen Hintergrund und betrachtete ihn als namensstiftend? Wir mußten ihn nachschlagen und diskutierten auf unserem Boot die Gründe für die Beibehaltung des ursprünglichen Namens. Eine so schöne klassische Motoryacht sollte anders heißen, lautete ein Standpunkt. Dagegen stand die Ansicht, dass der ursprüngliche Name zu einer Beschäftigung mit der deutschen Geschichte beitrug.

Auf unseren Fahrten im Revier sind wir der 'Albin Köbis' einmal an anderer Stelle begegnet. Sie lag auf der Havel vor Anker.


September 2011. Motoryacht Albin Köbis auf der Havel


April 2012. Berlin. Kleiner Wannsee. Die 'Albin Köbis' unter ihrer Winterpersenning