Oxly Boote

Bootsverdeck mit Textilkleber reparieren

Fadenscheinige Bootspersenning ausbessern

© Thomas Gade / April 2015

Viele Sportboote haben ein Verdeck aus Stoff über der offenen Plicht. Es ist konstruiert wie ein Zelt aus verschiedenen Stücken mit eingelassenen PVC-Fenstern und Reißverschlüssen. Meistens sind solche Verdecke teure individuelle Anfertigungen vom Segelmacher. Bei einem Kajütboot mit 6-8 m Länge sollte man je nach Bauweise rund 1500-2500 € für ein neues Bootsverdeck einplanen. So viel berechnen deutsche Fachwerkstätten. Alternativ kann man eine polnische Werkstatt beauftragen, die im Winter, während die Boote an Land stehen, das alte Verdeck als Vorlage nimmt, um ein neues zu schneidern. Das ist billiger, aber nicht immer gleichwertig. Besser ist es auf jeden Fall, wenn ein Segelmacher am Boot selber Maß nimmt und mit dem Bootseigner eventuelle Änderungswünsche vor Ort bespricht. Auch das Aufziehen eines neuen Verdecks sollte vom Segelmacher vorgenommen werden, weil meistens Korrekturen nötig sind.

Das Bootsverdeck ist ein Mix aus einem robusten Cabrio- oder Markisenstoff mit Reißverschlüssen, PVC-Fenstern, Klettverschlüssen, speziellem Garn, Ösen und Tenaxknöpfen. Bei einem Boot, das rund sieben Monate im Jahr im Wasser liegt, hält ein hochwertiges Bootsverdeck bei guter Pflege und gelegentlichen Nachbesserungen 10-15 Jahre. In der Zeit setzen die UV-Strahlung der Sonne, Wind und Regen sowie auch Kot von Vögeln und anderer Dreck und nicht zuletzt auch die mechanischen Belastungen durch das Öffnen und Schließen oder Aufrollen von Teilen dem Material zu. Wie lange es nun wirklich hält, ist daher von vielen Faktoren abhängig. Vor allem sollte man rasch auf das Auftreten erster Schwachstellen reagieren, um die Reparaturstellen möglichst klein zu halten und eine Ausweitung von Schäden zu verhindern.


Entlang einer Naht bildet sich eine fadenscheinige Linie. Hier kann das Bootsverdeck leicht einreissen.

Während der Jahre des Gebrauchs muss Nähte mehrmals nachgenäht werden und zwischendurch werden die PVC Fenster ausgewechselt. Durch mechanische Belastungen, UV-Licht, flattern im Winde und mehr kommt es zum Verschleiß. Problematisch sind Nähte, bei denen der Stoff im Laufe der Zeit fadenscheinig wird. Einerseits tropft dort starker Regen herein; andererseits kann der Stoff hier leicht einreissen.

Reparieren oder neu anfertigen lassen?

Es stellt sich die Frage, ob eine Bootspersenning verbraucht ist, wenn mehrere solcher fadenscheinigen Linien entstanden sind oder ob man sie dort reparieren und stabilisieren kann. Im Winter, wenn das Sommerverdeck nicht auf dem Boot ist, kann man über solche Stellen Stoffe nähen oder dies am besten von einer Segelmacherwerkstatt machen lassen.

Aber meistens fallem einen solche Stellen während der Wassersportsaison auf oder die Bootspersenning reisst bereits an einer Stelle. Dann ist der Gang zum Segelmacher oft gar nicht möglich, weil keiner in der Nähe ist und er auch nicht sofort Zeit hat. Zudem lässt die Witterung möglicherweise gar nicht zu, dass das Bootsverdeck für eine Weile abgenommen wird. Mit Textilkleber und Nahtband kann man fadenscheinige Stellen reparieren.


Mit Textilkleber und Nahtband kann man fadenscheinige Stellen reparieren.


Eingeklebtes Nahtband. Der Textilkleber ist noch flüssig.


Beim Überkleben von Kanten durch übereinander genähte Stoffe wird etwas mehr Textilkleber aufgetragen, der beim Andrücken des Nahtbandes an den Kanten hervorquillt. Er wird mit einem Lappen abgewischt.

Persenning stabilisieren durch Textilkleber

Fadenscheinige Stellen lassen sich gut mit Nahtband aus Baumwolle in der Farbe der Persenning mit einem guten Textilkleber reparieren. Diese wird nach dem Trocknen nahezu transparent und bleibt flexibel. Damit klebt man ein Nahtband auf fadenscheinige Stellen und über kleine Löcher. Erstaunlicherweise funktioniert dies sogar mit Verdecken, die ordentlich imprägniert wurden. Man gibt Textilkleber auf den zu überklebenden Bereich und reibt ihn mit dem Finger in das Gewebe. Das Nahtband wird ebenfalls mit Textilkleber bestrichen, jedoch nur dünn und anschließend auf die betreffende Stelle der Persenning geklebt. Ca. 15 Sekunden drückt man die zu verklebenden Textilien fest aneinander. Das muss nicht konstant geschehen, sondern mehrmals bis man spürt, dass der Kleber verbindet.


Nach dem Abbinden des Klebers ergibt sich eine erstaunlich feste Verbindung. Das Sandwich aus geklebten Stoffen bleibt flexibel.


Hat man ein Nahtband in annähernd derselben Farbe wie die Persenning verwendet, fällt nach dem Trocknen des Klebers gar nicht auf, dass eine Stelle repariert wurde.

Textilkleber als Sofortmaßnahme

Beginnt irgendwo eine Naht aufzuribbeln, kann man die losen Enden mit Textilkleber fixieren. Das ist zwar keine Dauerlösung, löst aber temporär das Problem.

Die Reparatur mit dem Kleber und Nahtband aus Baumwolle ist eine gute Sofortmaßnahme, um schadhafte oder schwache Stellen zu stabilisieren. Im Winter kann man aufgeklebte Stoffe zusätzlich annähen lassen, um die dauerhafte Verbindung zu verbessern. Ist es bereits zu einem Riss gekommen, sollte man sich aber während der Wassersportsaison nicht nur auf den Textilkleber verlassen, sondern zusätzlich per Hand den Flicken mit dem gerissenen Stoff vernähen. Dabei kommt es nicht auf Schönheit an, denn kosmetische Probleme lassen sich am besten dann lösen, wenn das Verdeck nicht auf das Boot gespannt ist, nämlich im Winter.

Auf jeden Fall sollten Bootsfahrer mit einem Verdeck aus Stoff die entsprechenden Reparaturmittel an Bord haben, um sich bei Bedarf selber helfen zu können. Bei mir an Bord hat sich der Textilkleber von Ber- Fix bewährt. Er wird auf Messen angeboten oder auf Märkten. Darüber hinaus kann man ihn online auf der Website des Markeninhabers bestellen. Die Temperatur bei der Lagerung sollte 25 °C nicht überschreiten. Auf Booten, deren Innenräume im Sommer recht warm werden können, ist daher eine Lagerung in den kühleren Tiefen, beispielsweise ein Stauraum in der Bilge anzuraten. Allerdings habe ich auf meinem Boot nicht darauf geachtet und die Flasche mit dem Textilkleber in einem Seitenfach der Plicht unter dem Verdeck gelagert. Dort konnten Sonnenschein in den warmen Sommermonaten durchaus Temperaturen über 40 °C auftreten, die dem Textilkleber nicht geschadet haben.

Winterzeit zum Nähen von schadhaften Stellen nutzen

Mit Textilkleber reparierte Stellen können lange halten, aber dauerhaft verlassen sollte man sich darauf nicht. Das UV-Licht der Sonne setzt dem wohl latexhaltigen Klebstoff zu. Es ist daher anzuraten, im Winter, wenn das Verdeck nicht auf dem Boot ist, sondern zu Hause eingelagert wird, selber schadhafte Stellen per Hand oder mit der Nähmaschine zu reparieren oder die Persenning zur Ausbesserung zum Segelmacher zu bringen.

Falls Sie keine Nähmaschine haben oder bisher noch nie eine benutzen, gehören Sie wohl zu Mehrheit unter dem Bootseignern. Viele Menschen vermeiden trotz guter technischer Kenntnisse zeitlebens den Kontakt mit einer Nähmaschine. Dabei sind sie sehr nützlich und gibt es seit über 100 Jahren exzellente Geräte, die erstaunlich leicht zu bedienen sind. Ordentliche Nähmaschinen bietet der Handel bereits ab ca. 140 €, wie die W6 N 1235/61. Brauchbare gebrauchte Nähmaschinen gibt es ab 50 €. Das sind Bagatellbeträge bezogen auf die Kosten für die Anschaffung und den Unterhalt eines Bootes.

Natürlich kann man mit preiswerten Nähmaschinen keine großen Stoffstücke über lange Strecken vernähen. Dafür reicht der Freiraum unter dem Arm mit der Nadel nicht. Aber für viele Reparaturen sind sie trotzdem tauglich. Beispielsweise zum Annähen neuer Klettverschlüsse, die sich fast immer am Rand eines Teils der Persenning befinden. Oder zum Auswechseln von Reißverschlüssen, bzw. dem Auffrischen eine Naht mit neuem Faden.

Wenn es um solche Arbeiten geht, reichen simple Maschinen. Wie in vielen anderen technischen Bereichen auch, gibt es für ambitionierte Anwender natürlich auch viel teurere Geräte. Das Vernähen von mehreren dicken Lagen, wie beispielsweise Säume oder dicke transparente Folien aus PVC mit dem schweren Stoff der Persenning verläuft verlässlicher mit kräftigen Nähmaschinen. Hier sind ältere Modelle gefragt, die möglichst keine beweglichen Teile aus Kunststoff haben. Eine etwa 80 Jahre alte Singer 130, die mit nachgerüstetem Elektromotor im gebrauchsfähigen Zustand nicht selten für ca. 100 € ergattert werden kann, wäre eine gute Wahl für ambitionierte Hobbynäher, die ihre Bootstextilien selber in Schuss halten.

Ob preiswert oder teuer, neue Nähmaschinen sollten eine Einfädelhilfe haben, die das Nähgarn durch die kleine Öse der Nadel schiebt. Das manuelle Einfädeln ist dagegen nämlich fummelig und bedarf ein gutes Sehvermögens im Nahbereich und auch einer ruhigen Hand, um den Faden durch die Öse zu bugsieren.

Wie eine Nähmaschine bedient wird, erfährt man am einfachsten durch Videos auf YouTube. Viele Hobby-Schneider/innen haben exzellente Anleitungen zur Anwendung und Pflege von Nähmaschinen produziert. Hat man eine, erfährt man innerhalb einer Stunde, wie sie funktioniert. Beispielsweise gibt es für die oben genannte W6 N 1235/61 diverse leicht verständliche Videos, die keine Fragen offen lassen.

Flicken vorbereiten

Es kommt gar nicht so selten vor, dass ein kleines Loch in die Persenning gepikst wird oder allmählich irgendwo eine fadenscheinige Stelle entsteht. Vögel, die sich auf den Bootsverdecken niederlassen, können Löcher verursachen oder versehentlich passiert einem das bei der Handhabung irgendwelcher Gegenstände an Bord selbst.

Je früher solche Stellen ausgebessert werden, desto besser. Neben dem Textilkleber sollte man deshalb auch einige Flecken an Bord haben. Falls Sie eine genaue Bezeichnung für den Stoff ihres Verdecks haben, sollte man sich davon ein Stück bestellen und präventiv bereits einige Flicken ausschneiden und eventuell mit der Nähmaschine ihre Kanten versäumen. Da die Farbe der Stoffe von Bootsverdeck im Laufe der Zeit durch das UV-Licht ausbleichen kann, ist es keine schlechte Idee, für die Flicken den originalen Stoff in einem etwas helleren Ton nachzubestellen.

Probleme mit Textilklebern

Kommen wir nochmal auf den Textilkleber zurück. Das bereits erwähnte Produkt von Ber -Fix basiert wohl auf Latexmilch. Das ist ein schadstofffreies Naturprodukt. Inwieweit das für den Kleber insgesamt zutrifft, weiß ich allerdings nicht. Solange er nicht an getrocknet ist, kann der an den Rändern hervor quellende Klebstoff mit einem nassen Lappen oder Schwamm abgewischt werden.
Hat man zu viel Klebstoff verwendet, dringt er durch das Gewebe und kann an Stellen, wo es nicht vorgesehen ist, etwas klebrig bleiben und sich allmählich bräunlich verfärben. Deshalb sollte man den Textilkleber nur dünn auf die Klebestellen der betreffenden Textilien auftragen. Am besten macht man das mit einem Schwämmchen, der die Flüssigkeit aufnimmt und beim Reiben über den Stoff als dünnen Film aufträgt.